1 Viertes Corona-Steuerhilfegesetz auf den Weg gebracht!
Die Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie hält weiterhin Wirtschaft und Steuerpflichtige in Atem. Viele Förder- und Billigkeitsmaßnahmen der „alten“ Corona-Hilfegesetze laufen aktuell aus. Die Politik will hier ihre Unterstützungsmaßnahmen verlängern und zum Teil ausbauen. Sie hat daher ein „Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (4. Corona-Steuerhilfegesetz)“ vorgelegt. Damit sollen der – aufgestockte – besondere Verlustrücktrag und Investitionsimpulse ebenso verlängert werden, wie die Homeoffice-Pauschale, der steuerfreie Zuschuss zum Kurzarbeitergeld, die Steuerfreiheit von Sonderleistungen für in bestimmten Einrichtungen tätige Arbeitnehmer und die Steuererklärungsfristen.
Folgende Maßnahmen des Gesetzentwurfes sind hierbei hervorzuheben:
- Vom Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an in bestimmten Einrichtungen – insbesondere Krankenhäusern – tätige Arbeitnehmer gewährte Sonderleistungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von 3.000 € steuerfrei gestellt.
- Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird um drei Monate bis Ende März 2022 verlängert.
- Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert.
- Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführten degres-siven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
- Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert: Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. € bzw. auf
20 Mio. € bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre. - Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.
- Die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden wie bei § 7g EStG um ein weiteres Jahr verlängert.
- Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang.
2 Weitere Gesetzesänderungspläne
Der Koalitionsausschuss der Bundesregierung hat weitere steuerliche Entlastungen beschlossen, welche schon für das aktuelle Jahr 2022 zur Anwendung gelangen sollen. Hierbei sind insbesondere zu nennen:
- Die Pendlerpauschale wird ab dem 01.01.2022 auf 0,38 € angehoben
- Der Arbeitnehmerpauschbetrag soll auf 1.200 € erhöht werden;
- Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer soll von aktuell 9.984 € auf 10.347 € steigen.
Hinweis
Die Erhöhung der Pendlerpauschale betrifft nur sogenannte Fernpendler. Die Erhöhung greift erst ab dem 21. Entfernungskilometer, bis zu dieser Entfernungsgrenze bleibt es bei einer Berücksichtigung von 0,30 € für jeden vollen Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder einem sog. Sammelpunkt.
Ausnahme: Übersteigen die Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag, können die übersteigenden Aufwendungen zusätzlich angesetzt werden.
3 Anpassung des Zinssatzes nach
§ 233a Abgabenordnung (AO)
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer letzten Jahres den Zinssatz von 6 % für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung bis zum 31.07.2022 aufgefordert.
Mit Spannung wurde nun erwartet, wie die Finanzverwaltung auf diesen Beschluss reagiert. Bis dato erfolgen entsprechende Bescheide für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 ohne Zinsfestsetzung. Diese soll dann nach Festsetzung eines geänderten (verfassungsmäßigen Zinssatzes) nachgeholt werden.
Hinweis:
Die Verfassungswidrigkeit bezieht sich nur auf den Verzinsungszeitraum selbst. Eine Steuernachzahlung für 2017, die sich aufgrund eines aktuellen Änderungsbescheides ergibt, enthält also sowohl eine im Ergebnis verfassungskonforme Zinsfestsetzung (für den Zeitraum 31.12.2018) als auch eine verfassungswidrige Zinsfestsetzung (für den Zeitraum ab dem 01.01.2019)
Aktueller Gesetzesentwurf sieht deutliche Absenkung vor!
Nunmehr hat das zuständige Bundesministerium der Finanzen einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Hiernach soll u.a. der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt werden. Damit nimmt der Gesetzgeber eine deutliche und so nicht erwartete Korrektur der Verzinsung von Steuernachzahlungsansprüchen vor.
Dynamische Anpassung vorgesehen
Die Angemessenheit dieses Zinssatzes soll dann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden, erstmals zum 01.01.2026.
4 Aktuelles Urteil zur Übergabe gegen Versorgungsleistungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung die Auffassung der Finanzämter bestätigt, dass eine Übergabe von Privatvermögen (insb. Wohnimmobilien) gegen Vereinbarung einer Versorgungsleistung, also gegen Verpflichtung einer Rentenleistung oder einer dauernden Last, beim Versorgungsverpflichteten einen Anschaffungsvorgang und spiegelbildlich beim Übergeber eine Veräußerung dar.
Hinweis: Bei der Übergabe betrieblicher Einheiten (Betrieb eines Einzelunternehmens, Anteile an Personengesellschaften und Geschäftsanteile i. H. v. mind. 50 % an einer GmbH) gilt die Vereinbarung einer Versorgungsleistung hiervon ungeachtet weiterhin als unentgeltliche Übergabe.
Auswirkungen in der Praxis
Die Vereinbarung einer Versorgungsleistung ist nach wie vor ein beliebtes Instrument zur finanziellen Absicherung des/der Übergeber. Ob diese jedoch auch steuerlich sinnvoll ist, bedarf einer eingehenden Prüfung des Einzelfalls. Insbesondere bei der Übergabe von Vermietungsobjekten ist je nach der Höhe der Versorgungsleistung und Abhängigkeit vom Lebensalter des/der Übergeber zu prüfen, in welcher Höhe
- ein Veräußerungsentgelt (sog. Tilgungsanteil);
- Zinsanteil (sog. Ertragsanteil) und/oder
- eine nicht steuerbare Unterhaltsleistung des/der Übernehmer vorliegt.
Mit dem Urteil des BFH herrscht nun jedoch Rechtsklarheit bei der Gestaltung der Übergabe von Privatvermögen. Insbesondere bei der Übergabe von Vermietungsimmobilien, ergeben sich hierbei ggf. interessante Alternativen zur Übergabe unter Vereinbarung eines Nießbrauchs zu Gunsten des/der Übergeber.
5 Besteuerung von Kryptowerten – BFH muss nun entscheiden!
Die Besteuerung von Kryptowerten (also: Bitcoin, Ethereum und Co.) ist derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt. Dies könnte sich jedoch bald ändern, da nun hierzu ein Verfahren beim BFH anhängig ist. Hintergrund ist ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Köln.
Auffassung Finanzverwaltung
Das Bundesfinanzministerium hat bisher zwar noch keine finale Verwaltungsanweisung zur Besteuerung von Kryptowerten herausgegeben. Dennoch wird die Thematik (aufgrund einer Entwurfsfassung eines BMF-Schreibens) von den Finanzbehörden weitgehend einheitlich gehandhabt. Danach stellen Kryptowerte aus steuerlicher Sicht „Wirtschaftsgüter“ dar.
Eine Folge hieraus ist, dass auch im Privatvermögen Gewinne aus dem Handel mit Kryptowerten steuerbar sind, wenn Anschaffung und Verkauf innerhalb eines Jahres erfolgen (= Spekulationsfrist). Werden die Kryptowerte zwischenzeitlich zur Einkunftserzielung genutzt (z.B. für sog. „Lending“ oder „Staking“), verlängert sich die Spekulationsfrist sogar auf zehn Jahre.
Verfassungsrechtliche Bedenken, wonach die Gleichheit im Besteuerungsverfahren aufgrund mangelnder Kontrollmöglichkeiten und damit eines strukturellen Vollzugsdefizits (Stichwort: „der Ehrliche ist der Dumme“) verletzt sei, teilt die Finanzverwaltung nicht.
Bisherige Finanzgerichtsrechtsprechung
Bislang gab es folgende Entscheidungen von Finanzgerichten (FG) zur Thematik der Besteuerung von Kryptowerten:
- FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.06.2019: Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz Kryptowerte sind Wirtschaftsgüter und unterliegen der Besteuerung; ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht nicht Finanzverwaltung hat gewonnen
- FG Nürnberg, Beschluss vom 08.04.2020: Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz Es ist fraglich, ob Kryptowerte Wirtschaftsgüter sind Finanzverwaltung hat verloren
- FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2021: Hauptsacheverfahren Kryptowerte sind Wirtschaftsgüter und unterliegen der Besteuerung; ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht nicht Finanzverwaltung hat gewonnen Das Urteil ist rechtskräftig.
Aktuelles Urteil des Finanzgerichts Köln
Mit Urteil vom 25.11.2021 hat sich das FG Köln nun als viertes deutsches Finanzgericht mit der Besteuerung von Kryptowerten befasst. Es hat dabei in einem Hauptsacheverfahren (wie schon das FG Baden-Württemberg) die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt. Insbesondere geht auch das FG Köln davon aus, dass es sich bei Kryptowerten (betroffen waren hier Bitcoin, Ethereum und Monero) um Wirtschaftsgüter handelt und dass kein strukturelles Vollzugsdefizit vorliegt. Gegen dieses Urteil ist mittlerweile aber die Revision beim BFH anhängig, so dass dieser das letzte Wort haben wird.
Fazit:
Ob die Besteuerung der Gewinne aus dem privaten Handel mit Kryptowerten wirklich der Besteuerung unterliegen, muss nun also der BFH klären. Bis dahin sollten diese Gewinne, soweit sie innerhalb der einjährigen bzw. zehnjährigen Spekulationsfrist angefallen sind, im Rahmen der Einkommensteuererklärung offengelegt werden. Die entsprechenden Bescheide sind dann aber unter Verweis auf das anhängige BFH-Verfahren offen zu halten.
6 Weitere Informationen
Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen und ersetzt keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.
Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen.
Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor- und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.