1 Entwurf eines Wachstumschancengesetzes
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ kurz „Wachstumschancengesetz“ veröffentlicht (Stand 14.07.2023). Der Entwurf ist überaus umfangreich und umfasst (mit Begründung) allein 279 Seiten. Bekanntermaßen hat dieser Entwurf die erste parlamentarische Hürde eines offiziellen „Gesetzentwurfs“ der Bundesregierung, aufgrund des Vetos der Familienministerin noch nicht genommen. Dennoch ist mit einer weitgehenden Umsetzung der Vorschläge des BMF zu rechnen. Nachfolgend wollen wir Sie daher schon heute über die wesentlichen steuerlichen Änderungsvorschläge des Wachstumschancengesetzes informieren.
Klimaschutz-Investitionsprämie
Der Gesetzentwurf sieht die Einführung einer Förderprämie für Investitionen in den Klimaschutz für alle Steuerpflichtigen, die
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder
- aus selbständiger Arbeit haben
- vor. Begünstigt sollen die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sein, wenn die Wirtschaftsgüter in einem Energiesparkonzept enthalten sind und dazu dienen, dass der Anspruchsberechtigte im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit die Energieeffizienz verbessert. Diese Voraussetzungen müssen durch Expertisen zertifizierter Energieberater oder Energiemanager nachgewiesen werden.Die Investitionsprämie beträgt 15 % der förderfähigen Aufwendungen. Die Bemessungsgrundlage im Förderzeitraum (bis zum Jahr 2028) ist auf insgesamt 200 Mio. € gedeckelt.
- Hinweis: Welche Maßnahmen hierbei konkret förderfähig sein sollen ist dem Entwurf noch nicht zu entnehmen. Es ist davon auszugehen, dass hier ähnlich der Förderung energetischer Gebäudesanierungen Details in einer gesonderten Verordnung geregelt werden.
Änderungen des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Folgende wichtige Änderungen des EStG sieht der aktuelle Referentenentwurf vor:
- Die Besteuerung der sog. Dezemberhilfe 2022 (Zuschuss wg. hoher Energiekosten) wird aufgehoben.
- Die Grenze sog. geringwertiger Wirtschaftsgüter deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten sofort vollständig abgezogen werden können, soll ab dem Jahr 2024 von 800 € auf 1.000 € angehoben werden.
- Für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung soll eine Steuerbefreiung greifen, soweit die Einnahmen pro Jahr weniger als 1.000 € betragen.
Hinweis: Sofern die Ausgaben die Einnahmen übersteigen und somit Verluste erzielt werden, soll auf Antrag eine steuerliche Berücksichtigung erfolgen können. - Ebenso soll die Freigrenze aus privaten Veräußerungsgeschäften (z.B. Bitcoins) von 600 € auf 1.000 € angehoben werden.
Hinweis: Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und hat jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt, steht jedem Ehegatten die Freigrenze zu. - Die Sonderabschreibung bei der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags (IAB) soll attraktiver gestaltet werden. Für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2023 sollen anstatt aktuell 20 % bis zu 50 % der Investitionskosten abgeschrieben werden können.
Hinweis: Unverändert sollen nur Unternehmen einen IAB auf Investitionen in Anspruch nehmen können, welche die Gewinngrenze von 200.000 € im Jahr, welches der Investition vorangeht, nicht überschreiten. - Die Regelungen zum steuerlichen Verlustabzug sollen gleich in mehreren Punkten reformiert werden. So soll zukünftig ein Verlustrücktrag für drei Jahre ermöglicht werden und die hierbei zu berücksichtigende Grenzen i.H. von 10 Mio. € (Ehegatten 20 Mio. €) dauerhaft festgeschrieben werden. Daneben soll die sog. Mindestbesteuerung beim Verlustvortrag zumindest bis zum Jahr 2028 keine Anwendung finden.
- Bei der Rentenbesteuerung soll zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung ab dem Jahr 2023 der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben %punkt jährlich reduziert werden. Für die Kohorte 2023 soll demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 % betragen. Eine Vollversteuerung wird nach dieser Anpassung erstmals für die Kohorte 2058 100 % erreichen werden.
- Derzeit kann die Tarifermäßigung für bestimmte Arbeitslöhne (Entschädigungen, Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Da dieses Verfahren für Arbeitgeber kompliziert ist, soll es erstmals für den Lohnsteuerabzug 2024 gestrichen werden. Die Tarifermäßigung kann dann durch Arbeitnehmer nur noch im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden.
Änderungen bei der Besteuerung von Unternehmen
- Die Thesaurierungsbegünstigung für unternehmerische Gewinne von Personenunternehmen soll vollständig reformiert werden. Insbesondere für Verdiener im Spitzensteuersatz können sich damit ab dem Jahr 2024 interessante Gestaltungsmöglichkeiten ergeben.
- Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen den Gewinn nur mindern, wenn die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 € nicht übersteigen. Dieser Betrag soll für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023 auf 50 € angehoben werden.
- Der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen soll ab 2024 von 110 € auf 150 € pro Teilnehmer erhöht werden.
- Die Option zur Körperschaftbesteuerung für Personengesellschaften (KöMoG) soll ab dem Jahr 2024 auch Gesellschaften in der Rechtsform einer GbR offen stehen.
- Um den Ausbau der Solarstromerzeugung und den Betrieb von Ladesäulen steuerlich attraktiver zu gestalten, soll rückwirkend ab dem Jahr 2023 bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen die Unschädlichkeitsgrenze von 10 % auf 20 % steigen.
Weitere Änderungsvorschläge
Der Referentenentwurf sieht weitere umfangreiche Änderungen in allen steuerlichen Bereichen vor. Hervorzuheben sind hierbei
- Die Anhebung der Grenzen für die steuerliche Buchführungs- und Bilanzierungspflicht. Die maßgebliche Umsatzgrenze soll von 600.000 € auf 800.000 € und die maßgebliche Gewinngrenze von 60.000 € auf 80.000 € angehoben werden.
- Der Entwurf sieht daneben einer Erweiterung von Mitteilungspflichten auch bei innerstaatlichen Steuergestaltungen vor.
Hinweis: Bei entsprechenden grenzüberschreitenden Steuergestaltungen besteht bereits eine solche Verpflichtung der Anzeige. Die Verpflichtung greift jedoch erst bei dem Überschreiten bestimmter festgelegter Umsatz- oder Einkünftegrenzen. - Aufgrund der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), welches ab dem Jahr 2024 in Kraft tritt, sieht der Entwurf zahlreiche Anpassungen an das neue (Zivil-)Recht vor.
Fazit
Der Referentenentwurf greift eine Vielzahl von Änderungen in verschiedensten steuerlichen Bereichen auf. Erfahrungsgemäß wird der Entwurf noch eine Vielzahl von Änderungen im Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Von daher wäre es zu verfrüht, aus den Änderungsvorschlägen bereits Handlungsoptionen abzuleiten. Allerdings sollte eines auch feststehen: Das Gesetz wird eine Vielzahl steuerlicher Vergünstigungen beinhalten! Wir halten Sie in der weiteren Entwicklung auf dem Laufenden.
2 Photovoltaikanlagen – Neues BMF-Schreiben ist da!
Am 17.07.2023 hat die Finanzverwaltung ihr lange erwartetes BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen veröffentlicht. Darin hat sie zu einigen Streitfragen, die mit der seit dem Veranlagungszeitraum 2022 geltenden Steuerbefreiung einhergehen, Stellung genommen.
Hintergrund
Ende letzten Jahres wurde (rückwirkend) eine Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen auf, an oder in
- Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden)
- oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden.
Die Steuerbefreiung umfasst sowohl die Einnahmen aus dem Stromverkauf, als auch die Entnahmen für den eigengenutzten Strom. Voraussetzung ist aber, dass die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage von 30 kWp nicht überschritten wird.
Dieselbe Steuerbefreiung gilt für alle anderen Gebäude, die überwiegend Wohnzwecken dienen (z.B. Mehrparteienhäuser). Die maximal installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage darf hier 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit nicht überschreiten.
Allerdings ist die Steuerbefreiung auf die Einnahmen und Entnahmen aus max. 100 kWp je Steuerpflichtigen (oder Mitunternehmerschaft) gedeckelt. Das gilt auch für Kapitalgesellschaften.
Klarstellungen seitens der Finanzverwaltung
Klargestellt hat die Finanzverwaltung nunmehr insbesondere Folgendes:
- Für Zwecke der Steuerbefreiung ist die Bruttoleistung nach dem Marktstammdatenregister kW (peak) maßgeblich.
- Die Prüfung der Höchstgrenzen erfolgt in einem ersten Schritt objektbezogen ( Höchstgrenze der jeweiligen Gebäudeart, z.B. 30 kWp) und in einem zweiten Schritt subjektbezogen (je Steuerpflichtiger oder Mitunternehmerschaft max. 100 kWp)
- Begünstigt sind auch dachintegrierte und sog. Fassadenphotovoltaikanlagen.
- Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.
- Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.
- In den Vorjahren steuermindernd gebildete Investitionsabzugsbeträge müssen rückgängig gemacht werden, wenn ab dem VZ 2022 in steuerbefreite Photovoltaikanlagen investiert wurde.
- Für Reparaturen an einer steuerbefreiten Photovoltaikanlage kommt die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen grundsätzlich in Betracht.
3 Finanzverwaltung äußert sich zur neuen Tagespauschale
Kürzlich hat die Finanzverwaltung zu den neuen Regelungen der Tagespauschale erstmals wie folgt Stellung bezogen.
Grundregel: Überwiegende
Die Tagespauschale kann ab dem Veranlagungszeitraum 2023 für Kalendertag abgezogen werden, an dem die berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung (d.h. im Homeoffice) ausgeübt und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Die Tagespauschale beträgt 6 € pro Kalendertag, im Kalenderjahr aber höchstens 1.260 €.
Beispiel 1: Der angestellte Bauingenieur B fährt an einem Tag erst zur Baustelle (Auswärtstätigkeit). Anschließend erledigt B die Büroarbeiten nicht am Arbeitsplatz des Arbeitgebers (erste Tätigkeitsstätte), sondern im Homeoffice. B kann für diesen Tag sowohl Reisekosten für die Fahrt zur Baustelle als auch die Tagespauschale abziehen, wenn die Arbeit zeitlich überwiegend im Homeoffice ausgeübt wird, d. h. die Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages beträgt.
Sonderregelung
Steht dem Steuerpflichtigen für seine berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur
Verfügung, so gilt eine Sonderregelung. In diesen Fällen ist zwar auch ein Tätigwerden, aber kein zeitlich überwiegendes Tätigwerden im Homeoffice für den Abzug der Tagespauschale erforderlich.
Diese Sonderregelung ist insbesondere für Lehrer wichtig. Denn diese können ab dem Veranlagungszeitraum 2023 i.d.R. keine Kosten für das häusliche Arbeitszimmer mehr geltend machen. Aufgrund der Sonderregelung können Sie stattdessen die Tagespauschale abziehen.
Beispiel 2: A ist Lehrer und unterrichtet täglich von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr an der Schule und erledigt nachmittags von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr im Homeoffice die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts und korrigiert Klassenarbeiten. Für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung steht A in der Schule kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. A kann neben der Entfernungspauschale für die Fahrten zur Schule (erste Tätigkeitsstätte) auch die Tagespauschale für die berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung abziehen.
Nicht unter die Sonderregelung fällt, wem nur tage- oder wochenweise kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dies betrifft insbesondere Arbeitnehmer mit „Poolarbeitsplatz“ bzw. „Desk-Sharing“. In diesen Fällen bleibt es bei der Grundregel, wonach für den Abzug der Tagespauschale ein überwiegendes Tätigwerden im Homeoffice notwendig ist.
Mehrere berufliche Tätigkeiten
Übt ein Steuerpflichtiger mehrere berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, sind die Voraussetzungen für den Abzug der Tagespauschale tätigkeitsbezogen zu prüfen.Beispiel 3: Z ist Busfahrer. Daneben ist er freiberuflich als Schriftsteller tätig, Zudem erzielt Z Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Z nutzt für seine schriftstellerische Tätigkeit und die Vermietungstätigkeit die häusliche Wohnung; ein anderer Arbeitsplatz steht Z dafür dauerhaft nicht zur Verfügung. Daher kann Z für jeden Tag, an dem er die schriftstellerische Tätigkeit und/oder die durch die Vermietung veranlassten Tätigkeiten in der
häuslichen Wohnung ausübt, eine Tagespauschale von 6 €, insgesamt höchstens 1.260 € im Kalenderjahr abziehen.
Die Tagespauschale kann aber auch bei mehreren beruflichen Tätigkeiten im Homeoffice je Kalendertag nur einmal abgezogen werden.
4 Dienstreisen mit dem privaten Fahrrad
Immer mehr Arbeitnehmer nutzen ihr Fahrrad auch für berufliche Zwecke. Die Bundesregierung hat nun zu der Frage Stellung genommen, wie Steuerpflichtige entsprechende Fahrtkosten im Rahmen einer Dienstreise geltend machen können.
Wird eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit ausgeübt, so gilt für die steuerliche Berücksichtigung der mit dieser Tätigkeit zusammenhängenden Fahrtkosten, dass die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels tatsächlich entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten angesetzt oder in dieser Höhe durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können.
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass bei der Benutzung eines Fahrrads für Dienstreisen kein Ansatz pauschaler Kilometersätze greift. Denn diese Wegstreckenentschädigung seien nur für folgende Fälle vorgesehen:
- für die Benutzung eines Kraftwagens, z. B. PKW 0,30 Euro und
- für jedes andere motorbetriebene Fahrzeug 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer.
Fahrräder kommen daher – mangels Motorbetrieb – nicht in die Anwendung der pauschalen Km-Sätze!
Beachten Sie: Auch ein sog. E-Bike/Pedelec mit einer Maximalen Nenndauerleistung von 250 Watt und Unterstützung bis 25 Km/h gelten nicht als Fahrzeuge.
Folge: Für Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad können somit die dem Arbeitnehmer entstandenen Fahrtkosten lediglich über den anhand der tatsächlichen Aufwendungen ermittelten persönlichen Kilometersatz uneingeschränkt als Werbungskosten geltend gemacht bzw. steuerfrei durch den Arbeitgeber erstattet werden. Im Ergebnis muss der Arbeitnehmer daher auch seine Gesamtfahrleistung im Jahr dokumentieren. Die Bundesregierung geht nicht weiter auf die Frage ein, wie dieses erfolgen soll (z.B. durch Führen eines Fahrtenbuchs?)
Hinweis: Diese strenge und wenig praxistaugliche Sichtweise gilt nur für Dienstreisen mit dem Fahrrad. Für Wege zur ersten Tätigkeitsstätte gilt die Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden Entfernungskilometer unabhängig von der Art des Transportmittels und somit auch für die Zurücklegung mit einem Fahrrad.
5 Homeoffice im EU-Ausland
Dezentrales Arbeiten auch im Ausland ist spätestens seit der Corona-Pandemie keine Seltenheit. Für EU-Sachverhalte wurde zum 1.7.2023 ein neues Antragsrecht zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung eingeführt.
Sozialversicherungsrechtliche Einordnung: Der physische Arbeitsort ist ein entscheidendes Kriterium für das anwendbare Sozialversicherungsrecht. Homeoffice im Ausland kann daher zu einem sozialversicherungsrechtlichen Wechsel führen, wenn der Sitz des Arbeitgebers im Inland liegt. Bisher galt: Für einen Arbeitnehmer mit Arbeitgeber in Deutschland besteht weiterhin die Sozialversicherungspflicht in Deutschland, wenn die Telearbeit im ausländischen Wohnstaat einen Anteil von 25% nicht übersteigt.
Ein neues multilaterales Rahmenübereinkommen über die Anwendung von Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/04 bei gewöhnlicher grenzüberschreitender Telearbeit soll Beschäftigten ab dem 1.7.2023 unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einräumen, auf Antrag im Sozialversicherungssystem des Arbeitgebers zu verbleiben, wenn „die grenzüberschreitende Telearbeit im Wohnstaat weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit ausmacht“.
Deutschland ist diesem Abkommen beigetreten. Im konkreten Einzelfall sind ein Beitritt des betroffenen EU-Wohnstaats sowie die weiteren Voraussetzungen zu prüfen, um ggf. von der Neuregelung zu profitieren.
Hinweis: Die Neuregelung wird v.a. für Grenzpendler von Nutzen sein und andere Arbeitnehmer, die auch zu wesentlichen Teilen am Sitz des inländischen Arbeitgebers tätig sind. Sie betrifft nur das Sozialversicherungsrecht. Steuerliche Folgen bei Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind davon nicht betroffen!
6 Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen durch Mieter
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bestätigt, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dann steuermindernd geltend machen können, wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung (und der Vorinstanz) entsprachen diese Unterlagen aber nicht dem vorgegebenen Muster der Finanzverwaltung. Sie lehnten den Abzug daher ab.
Der BFH entschied anders. Seiner Ansicht nach reicht es für die Gewährung der Steuerermäßigung aus, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute gekommen. Einen Vertrag zwischen dem Mieter und dem Handwerker bedarf es nicht. Soweit das Gesetz zudem verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. Aus beiden müsse sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben.
Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.
Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. deren Verwalter erfolgt ist.
7 Weitere Informationen
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