1 Wachstumschancengesetz
Ende letzten Jahres hatte der Bundesrat seine Zustimmung zu dem vom Bundestag verabschiedeten Wachstumschancengesetz verweigert und die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen (siehe unsere Mandanteninfo zum Jahreswechsel).
Der Vermittlungsausschuss hat sich nun am 21.02.2024 auf eine Kompromisslösung geeinigt, das Ergebnis ist jedoch ohne die Stimmen der Mitglieder der CDU/CSU zustandegekommen. Es ist daher aktuell unsicher, ob nun auch der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. März dem Kompromiss zustimmen wird.
Das Volumen der steuerlichen Erleichterungen von ca. 7 Mrd. EUR wurde auf 3,2 Mrd. EUR reduziert. Dies wurde erreicht, indem zahlreiche Maßnahmen aus dem Entwurf gestrichen wurden. Dies betrifft insbesondere die Einführung einer Klimaschutz-Investitionsprämie, aber z.B. auch die Anhebung derGrenze für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter von aktuell 800 EUR auf 1.000 EUR oder die Einführung einer Freigrenze für Mieteinnahmen von 1.000 EUR pro Jahr.
Das Vermittlungsergebnis enthält jedoch weiterhin eine Vielzahl von steuerlich entlastenden Maßnahmen, wie z.B. die
- Einführung einer degressiven Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude in Höhe von 5 Prozent,
- Einführung einer degressiven AfA auf bewegliche Wirtschafsgüter für 9 Monate,
- auf vier Jahre befristete Anhebung des Verlustvortrags auf 70 Prozent (ohne Gewerbesteuer) oder die
- Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.
Ob diese Regelungen nun kommen, hängt von der Zustimmung des Bundesrates ab. Den Weg durch den Bundestag hat der geänderte Gesetzentwurf am 23. Februar bereits genommen
Wir halten Sie in unserer nächsten Mandanteninformation auf dem Laufenden.
2 Bürokratieentlastungsgesetz
Ein weiteres Gesetzgebungsverfahren hat das Bundesjustizministerium (BMJ) auf den Weg gebracht und den Referentenentwurf für ein „Viertes Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ veröffentlicht (Stand: 11.01.2024).
Folgende Maßnahmen sieht der Gesetzentwurf vor:
Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Steuer- und Handelsrecht:
Nach bisher geltendem Recht sind Buchungsbelege grundsätzlich zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist für diese Belege soll auf acht Jahre verkürzt werden.
Abbau von Melde- und Informationspflichten
Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige soll entfallen. Zudem sieht das Gesetz die Abschaffung von Anzeige- beziehungsweise Informationspflichten in weiteren Bereichen vor, wie die Aufhebung einer Anzeigepflicht nach dem Mess- und Eichgesetz sowie einer Informationspflicht nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz.
Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung
Darüber hinaus soll die Digitalisierung insbesondere durch folgende Maßnahmen gefördert werden:
- Änderungen im Passgesetz: Bei der Flugabfertigung sollen Reisepässe künftig digital ausgelesen werden können.
- Änderungen des BGB, des HGB, der BNotO und der Versteigererverordnung sollen es künftig erlauben, öffentliche Versteigerungen online per Live-Stream mit Online-Gebotsabgaben oder in hybrider Form (vor Ort und virtuell) durchzuführen. Daneben soll das Schriftformerfordernis für Gewerberaum-Mietverträge gestrichen werden.
- Vermieter sollen künftig bei Betriebskostenabrechnungen Belege auch digital zur Einsichtnahme bereitstellen können.
- Die Einführung der Textform für Anträge auf Elternzeit soll die Kommunikation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern erleichtern.
- Zudem soll der automatisierte Datenabruf bei den Standesämtern den Nachweis von Geburten bei der Beantragung von Elterngeld erleichtern.
Projekte zur Verwaltungsvereinfachung
Weitere Änderungen zielen auf eine Vereinfachung von Verwaltungsabläufen beziehungsweise deren Beschleunigung ab.
3 Nicht ordnungsgemäßes elektronisches Fahrtenbuch
Wird einem Arbeitnehmer ein Betriebsfahrzeug für Privatfahrten zur Nutzung überlassen, ist der geldwerte Vorteil hieraus grundsätzlich nach der Pauschalwertmethode zu versteuern (1 %-Regelung, § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Legt der Arbeitnehmer/Steuerpflichtige ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vor, kann die Besteuerung des geldwerten Vorteils anhand des nachgewiesenen tatsächlichen Umfangs erfolgen. Hierfür ist ein zeitnah, in geschlossener Form geführtes Fahrtenbuch erforderlich, welches alle erforderlichen Angaben wie Kilometerstand zu Beginn und am Ender einer jeden Fahrt, Fahrtziel und Fahrtzweck enthält.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat hier aktuell entschieden, dass bei Fahrtenbüchern, die mit Computerprogrammen geführt werden, diese Voraussetzungen nur dann erfüllt sind, wenn nachträgliche Veränderungen nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind.
Da das verwendete Fahrtenbuchprogramm nachträgliche Änderungen bis zur Festschreibung zu lies, ohne diese im Fahrtenbuch selbst offenzulegen, genügt dieses nach Auffassung der Düsseldorfer Richter nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.
Hinweis: Der Anbieter des Fahrtenbuchs (Fahrtenbuch-Express) wirbt auf seiner Internetseite mit einer „Konformitätserklärung Finanzamts“. Beachten Sie bitte, dass diese keine Zertifikate o.ä. der Finanzämter, sondern immer nur des Herstellers sind. Prüfen Sie daher bei Verwendung eines elektronischen Fahrtenbuchs, ob nachträgliche Veränderungen aus dem Fahrtenbuch selbst ersichtlich sind. Im Zweifel sollte ein Anbieterwechsel vorgenommen werden.
4 Alters- und behindertengerechter Umbau des Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung?
Sachverhalt
In ihrer Einkommensteuererklärung machte ein älteres Ehepaar die Kosten für den altersgerechten Umbau (ca. 50.000 €) ihres Hauses als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), wonach der Umbau zwingend erforderlich gewesen sei, lag jedoch nicht vor. Auf Rollstuhl oder Rollator waren die Kläger im Streitjahr noch nicht angewiesen.
Jedoch war damit aus medizinischer Sicht in einigen Jahren nahezu sicher zu rechnen. Der Ehemann hatte einen Grad der Behinderung i.H.v. 60% und war gehbehindert. Er litt an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, die zu einer Lungenschädigung führe. Auch im Falle einer Therapie würde sich der Schaden nicht wieder zurückbilden. Außerdem reichten die Kläger eine ärztliche Bescheinigung ein, in der bestätigt wird, dass bei der Klägerin und dem Kläger „aus multiplen internistischen und orthopädischen Gründen ein altersgerechter bzw. behindertengerechter Umbau der Wohnung aus medizinischer Sicht dringend anzuraten ist.“
Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen aber steuerlich nicht an. Es fehle am Nachweis darüber, dass die Kosten bereits im Streitjahr zwangsläufig entstanden seien.
Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg
Das Finanzgericht Nürnberg bestätigte kürzlich die Auffassung der Finanzverwaltung.
Die Umbaumaßnahmen seien im Streitjahr zugegebenermaßen durchaus sinnvoll gewesen. Sie waren aber noch nicht erforderlich, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen. Die Steuerpflichtigen waren frei in ihrer Entscheidung, einen altersgerechten bzw. behindertengerechten Umbau des Wohnhauses im Streitjahr oder erst später vorzunehmen. Ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art und eine damit ausgelöste Zwangslage hierzu bestand im Streitjahr nach Auffassung des Senats nicht. Das von der Klägerseite angeführte Argument des „vorausschauenden Handelns“ im Hinblick auf eine erwartbare gesundheitliche Entwicklung widerspreche der vom Gesetz geforderten Zwangsläufigkeit.
Hinweis
Krankheits- bzw. behinderungsbedingte Umbaukosten eines privaten Wohnhauses können unter bestimmten Umständen steuerlich geltend gemacht werden. Folgende Unterlagen sind hierbei dem Finanzamt vorzulegen:
- der Bescheid eines gesetzlichen Trägers der Sozialversicherung oder der Sozialleistungen über die Bewilligung eines pflege- bzw. behinderungsbedingten Zuschusses (z. B. zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI) oder
- das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) oder der Medicproof Gesellschaft für Medizinische Gutachten mbH.
Fehlen die o.g. Unterlagen kann die Zwangsläufigkeit zwar auch anhand anderer Umstände des Einzelfalls dargelegt werden. Wie der Streitfall zeigt, hat das jedoch seine Tücken. Insbesondere ist es steuerlich schädlich, wenn Umbaumaßnahmen auf einen Zeitpunkt vorgezogen werden, in dem dies der Gesundheitszustand noch nicht unbedingt erfordert – auch dies auf vernünftigen Überlegungen beruht.
5 Anhebung Umzugskostenpauschale
Bei einem beruflich veranlassten Wohnungswechsel stellen angefallene Umzugskosten steuerlich abziehbare Werbungskosten dar. Hierzu gehören z.B.:
- Reisekosten (Wohnungsbesichtigungen, Umzugstag)
- Maklergebühren für Mietwohnung
- Ggf. doppelte Mietzahlung (von Kündigungstag bis Umzugstag)
- Kosten für Beförderung Hausrat
Für sonstige Umzugskosten (z.B. Schönheitsreparaturen in der alten Wohnung) kann statt der tatsächlichen Kosten eine Pauschale geltend gemacht werden. Die Pauschale bemisst sich nach den vom Umzug betroffenen Personen (Berechtigte Person, Ehegatte, Lebenspartner, ledige Kinder, Stief- und Pflegekinder). Für Umzüge ab dem 01.03.2024 wurden die Pauschale nun merklich angehoben. Die neuen (und alten) Beträge ergeben sich aus nachfolgender Tabelle:
Umzugstag | Berechtigte Person | Jede weitere Person |
ab 01.03.2024 | 964 € | 643 € |
01.04.2022 – 29.02.2024 | 886 € | 590 € |
01.04.2021 – 31.03.2022 | 870 € | 580 € |
Anstelle Pauschalen für sonstige Umzugskosten können auch die im Einzelfall nachgewiesenen höheren Umzugskosten als Werbungskosten abgezogen werden.
Hinweis
Für berechtigte Personen, die am Tage vor dem Einladen des Umzugsgutes keine Wohnung hatten oder nach dem Umzug keine eigene Wohnung eingerichtet haben, gelten niedrigere Pauschalen für die sonstigen Umzugskosten
Umzugstag | Berechtigte Person |
ab 01.03.2024 | 193 € |
01.04.2022 – 29.02.2024 | 177 € |
01.04.2021 – 31.03.2022 | 870 € |
Umzugsbedingter Nachhilfeunterricht
Kosten für einen durch den Umzug bedingten zusätzlichen Unterricht der Kinder des Berechtigten können steuerlich geltend gemacht werden. Allerdings greifen hier folgende Höchstbeträge (je Kind):
Umzugstag | Unterrichtskosten je Kind |
ab 01.03.2024 | 1.286 € |
01.04.2022 – 29.02.2024 | 1.181 € |
01.04.2021 – 31.03.2022 | 1.160 € |
Für energetische Sanierungsmaßnahmen an einer eigengenutzten Immobilie kann (unter bestimmten Voraussetzungen) auf Antrag eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden. Die Steuerermäßigung beträgt 20% der Aufwendungen (max. 40.000 €) und ist so ausgestaltet, dass sich die Steuer im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7% der Aufwendungen ermäßigt (max. 14.000 € p.a.). Im übernächsten Kalenderjahr nach Abschluss der Maßnahme wird dann noch einmal eine Steuerermäßigung i.H.v. 6% der Aufwendungen gewährt (max. 12.000 €).
6 Zeitpunkt des Abschlusses einer energetischen Sanierungsmaßnahme
Hintergrund
Sachverhalt und Entscheidung FG München
Die Steuerpflichtigen ließen sich im Jahr 2021 eine neue Heizungsanlage in ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude durch einen Handwerksbetrieb einbauen. Zur Begleichung des Rechnungsbetrags wurde eine monatliche Ratenzahlung mit dem ausführenden Betrieb für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart.
Das Finanzamt versagte den Abzug der im Veranlagungszeitraum 2021 geleisteten Ratenzahlung. Es war der Ansicht, dass die Maßnahme im Veranlagungszeitraum 2021 noch nicht abgeschlossen war. Denn eine förderungsfähige Einzelmaßnahme zur energetischen Gebäudesanierung sei erst abgeschlossen, wenn der Leistungserbringer eine Rechnung erstellt und der Steuerpflichtige die Leistung unbar beglichen hat.
Das Finanzgericht München schloss sich in seinem Urteil vom 08.12.2023 zwar der Auffassung der Finanzverwaltung an, es hat aber die Revision zugelassen. Das letzte Wort wird also der BFH haben.
7 Aufstiegs-BAföG: Teilerlasse eines Darlehens führt zu Arbeitslohn?
Sachverhalt
Die Klägerin nahm an einer mehrjährigen sogenannten Aufstiegsfortbildung teil, die mit Zuschüssen und Darlehen für die Kosten der Lehrveranstaltungen gefördert wurden (Aufstiegs-BAföG). Die Darlehen wurden der Klägerin von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt. Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen wird bei Bestehen der Fortbildungsprüfung ein Teil der Darlehenssumme (hier = 40%) erlassen. Die Aufwendungen für die Fortbildung wurden vom Finanzamt stets als Werbungskosten anerkannt.
Nach Bestehen der Fortbildungsprüfung wurden der Klägerin 40% des Darlehensbetrags erstattet. Darin sah das Finanzamt nun steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH)
Der BFH bestätigte kürzlich die Sichtweise des Finanzamts und entschied, dass ein teilweiser Darlehenserlass bei der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führe.
Zur Begründung verwies er darauf, dass die Erstattung von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen sei, bei der die Werbungskosten früher abgezogen worden seien. Außerdem stünde der Darlehenserlass nicht im Zusammenhang mit privaten Gründen (z.B. finanzielle Bedürftigkeit) sondern mit beruflichen Gründen (=Bestehen der Abschlussprüfung).
8 Weitere Informationen
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