Inhalt
- Übernahme Pauschalsteuer § 37b EStG – Finanzverwaltung ist „großzügig“
- Sind unbelegte Brötchen und Heißgetränke ein Frühstück?
- Opa will`s noch mal wissen…
- Arbeitszimmer – Finanzverwaltung erkennt Rechtsprechung an
- Keine neue Kleinbetragsgrenze für Bewirtungsbelege bei der Einkommensteuer?
- BFH-Urteil zu anschaffungsnahen Herstellungskosten
- Differenzbesteuerung beim „Ausschlachten“ von Gebrauchtfahrzeugen
- Bayern schert aus!
- Automatischer internationaler Austausch von Informationen über Finanzkonten
- IHK-Beiträge sind verfassungsgemäß!
- Weitere Informationen
1 Übernahme Pauschalsteuer § 37b EStG – Finanzverwaltung ist „großzügig“
Hintergrund
Kürzlich hatte der BFH geurteilt, dass die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer auf Geschenke i.S.d. § 37b EStG ebenfalls ein Geschenk darstelle (vgl. auch Mandanten-Informationsbrief vom 01.07.2017, dort Punkt 3). Somit greife das ertragsteuerliche Abzugsverbot bereits dann, wenn der Wert des Geschenks zuzüglich der übernommenen pauschalen Einkommensteuer hierauf den Wert von 35 € übersteige.
Die Finanzverwaltung hat demgegenüber bisher zu Gunsten des Steuerpflichtigen vertreten, dass bei der Prüfung der Freigrenze i.H.v. 35 € aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen sei. Die übernommene pauschale Einkommensteuer sei nicht mit einzubeziehen (vgl. BMF- Schreiben vom 19.05.2015, Rnr. 25). Mit Spannung war daher erwartet worden, wie die Finanzverwaltung auf die o.g. BFH- Rechtsprechung reagiert.
Reaktion der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat nunmehr zwar das o.g. BFH-Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht und sich damit zur allgemeinen Anwendung verpflichtet. Allerdings ist die Veröffentlichung mit einer Fußnote versehen. Hieraus geht erfreulicher Weise hervor, dass die Finanzverwaltung die Vereinfachungsregelung aus dem o.g. BMF-Schreiben weiter zu Gunsten der Steuerpflichtigen anwendet.
Rechtzeitig vor der – von Geschenkeeinkäufen geprägten – Schlussphase des Jahres hat die Finanzverwaltung somit „großzügig“ reagiert und Rechtssicherheit geschaffen.
2 Sind unbelegte Brötchen und Heißgetränke ein Frühstück?
Lohnsteuerpflicht bei Mahlzeiten
Stellt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unentgeltlich Mahlzeiten zur Verfügung, so sind diese mit den amtlichen Sachbezugswerten als Lohn anzusetzen und zu versteuern.
Die amtlichen Sachbezugswerte betragen für
- Frühstück: 1,70 €
- Mittagessen: 3,17 €
- Abendessen: 3,17 €
Der Ansatz der Mahlzeiten beim Lohn kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der Arbeitnehmer hierfür wegen einer Auswärtstätigkeit Werbungskosten (= Verpflegungspauschale) geltend machen könnte. Allerdings ist dann die Verpflegungspauschale entsprechend zu kürzen.
Lohnsteuerpflicht bei „Kost“
Handelt es sich bei der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Verpflegung um keine Mahlzeit (also weder Frühstück, Mittagessen noch Abendessen), sondern lediglich um sog. „bloße Kost“ (z.B. Kaffee, Snack, Süßigkeiten,…), so sind nicht die amtlichen Sachbezugswerte anzusetzen. Vielmehr sind dann die tatsächlichen Kosten entscheidend. Die Kost bleibt beim Lohn jedoch außer Ansatz, wenn die Vorteile je Arbeitnehmer insgesamt 44 € im Monat nicht übersteigen. Dies ist in der Praxis regelmäßig der Fall.
Heißgetränke und trockene Brötchen
Kürzlich entschied in diesem Zusammenhang das Finanzgericht Münster, dass die Gestellung von trockenen Brotwaren (Brötchen verschiedenster Art) mit Heißgetränken (Kaffee, Tee) die Anforderungen an ein Frühstück im vorgenannten Sinne nicht erfüllt. Nach der allgemeinen Lebensauffassung sei nämlich ein Brotaufstrich integraler Bestandteil eines Frühstücks.
Geklagt hatte ein Arbeitgeber, der seinen Arbeitnehmern arbeitstäglich trockene Brötchen (Laugenbrötchen, Käsebrötchen, Käse-Kürbis-Brötchen, Rosinenbrötchen, Schokobrötchen und Roggenbrötchen etc.) sowie Rosinenbrote unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte. Diese standen in Körben auf einem Büfett in der Kantine den gesamten Tag für die Mitarbeiter sowie für Kunden und Gäste zum unentgeltlichen Verzehr zur Verfügung. Weiterhin konnten die Mitarbeiter sowie Kunden und Gäste sich ganztägig unentgeltlich aus einem Heißgetränkeautomaten bedienen.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster stellt die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Verpflegung keine Mahlzeit (hier: Frühstück) dar. Da die Grenze von 44 € je Arbeitnehmer im Monat nicht überschritten wurde, konnte der Ansatz bei der Lohnsteuer unterbleiben.
Anhängiges Verfahren beim Bundesfinanzhof
Das o.g. Verfahren ist derzeit aber noch beim BFH anhängig. Der Ausgang ist offen.
Der BFH erhält Gelegenheit darüber zu entscheiden, welche Nahrungsmittel in welcher Kombination unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen, damit ein Frühstück vorliegt (Brötchen mit/ohne Belag, Gebäckstücke, Kaltgetränke, Kaffee, Tee,…). Möglich ist aber auch, dass der BFH andere Abgrenzungskriterien zwischen einer Mahlzeit und einer bloßen Kost entwickelt (z.B. Gebrauch von Messer und Gabel).
3 Opa will`s noch mal wissen…
An den Universitäten zeigt sich derzeit ein ganz neuer Trend: Studierende Ruheständler! Mit diesem Phänomen musste sich unlängst auch das Schleswig- Holsteinische FG beschäftigen. Fraglich war, ob solche Studenten im „älteren Semester“
ihre Studienkosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben steuerlich geltend machen können.
Dazu stellten die Kieler Richter Folgendes fest:
- Aufwendungen für ein Studium im altersbedingten Ruhestand stellen nur dann vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben dar, wenn der Steuerpflichtige nachvollziehbar und substantiiert darlegt, dass er im Anschluss eine nachhaltige Erwerbsquelle hieraus schafft. Im Zuge einer Gesamtwürdigung sind auch das Alter des Steuerpflichtigen nach Beendigung des Studiums sowie die wirtschaftliche Notwendigkeit für die Schaffung einer (neuen) Erwerbsquelle einzubeziehen.
- Auch der Sonderausgabenabzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfordert das Streben des Steuerpflichtigen nach einer nachhaltigen berufsmäßigen Anwendung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften.
Im Urteilsfall war der Kläger ein leidenschaftlicher Theaterbesucher und – kenner. Nach Abschluss seiner nichtselbständigen Berufslaufbahn
„startete“ er im Alter von 63 Jahren ein zweites Mal durch und nahm einen Studiengang der Theaterwissenschaft auf. Entsprechend der Auffassung des Finanzamts lehnte auch das Schleswig- Holsteinische FG den Kostenabzug sowohl als Werbungskosten, Betriebsausgaben wie auch Sonderausgaben ab. Das Gericht war nicht davon überzeugt, dass der Studierende beabsichtigt, nach Beendigung des Studiums
einer nachhaltig ausgeprägten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
4 Arbeitszimmer – Finanzverwaltung erkennt Rechtsprechung an
In der jüngeren Vergangenheit haben wir Sie mehrfach über die aktuelle Rechtsentwicklung bei dem Streitthema
„Arbeitszimmer“ informiert. Nun hat die Finanzverwaltung auf diese aktuelle Rechtsprechung reagiert und ihren entsprechenden Anwendungserlass umfassend überarbeitet. Dabei erkennt die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH vollständig an.
Nachfolgend fassen wir für Sie die wesentlichen Aussagen des neuen Verwaltungserlasses zusammen:
Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit
Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden.
Beachten Sie: Das häusliche Arbeitszimmer und eine Tätigkeit im Außendienst können nicht gleichermaßen „Mittelpunkt“ der beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen sein! Anders jedoch bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist.
Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen; vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen.
Bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung und steht für
diese kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (siehe hierzu unten), sind Aufwendungen bis 1.250 € je Wirtschafts- oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
Dabei stellen die 1.250 € keinen Pauschbetrag dar, sondern einen personenbezogenen Höchstbetrag. Er kann nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, sondern muss gegebenenfalls auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufgeteilt werden. Bei der Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten wird der Höchstbetrag nur einmal gewährt.
Was ist ein häusliches Arbeitszimmer
Die Finanzverwaltung definiert ein häusliches Arbeitszimmer wie folgt:
Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder – organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt wird.
Beachten Sie: Dies betrifft nicht nur die Wohnräume, sondern ebenso Zubehörräume. So kann auch ein Raum z.B. im Keller oder unter dem Dach (Mansarde) des Wohnhauses, in dem der Steuerpflichtige seine Wohnung hat, ein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind. Die sog. „Arbeitsecke“ also ein in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der mit einem nicht unerheblichen Teil seiner Fläche auch privat genutzt wird erfüllt die Voraussetzungen jedoch nicht.
Daneben kann es sich bei einem im Keller oder Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses befindlichen Raum, der nicht zur Privatwohnung des Steuerpflichtigen gehört, sondern zusätzlich angemietet wurde, um ein außerhäusliches Arbeitszimmer handeln. Nicht erfasst werden Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z.B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume).
Anzusetzende Aufwendungen
Zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören insbesondere Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers, etwa Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen sowie die anteiligen Aufwendungen für Miete, Abschreibungen etc. Letztere sind nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zur Wohnfläche der Wohnung (einschließlich des Arbeitszimmers) zu ermitteln.
Beachten Sie: Nicht erfasst werden Aufwendungen für Arbeitsmittel, diese sind gesondert und grundsätzlich vollständig abzugsfähig. In jedem Fall erforderlich ist die konkrete Aufzeichnung der Aufwendungen. Auch Luxusgegenstände wie z.B. Kunstgegenstände, die vorrangig der Ausschmückung des Arbeitszimmers dienen, gehören nicht zu den abziehbaren Aufwendungen für ein Arbeitszimmer.
Kein anderweitiger Arbeitsplatz
Ein anderer Arbeitsplatz ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt, unbeachtlich sind grundsätzlich die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände wie beispielsweise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr. Auch ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro oder in der Schalterhalle einer Bank ist daher ein anderer Arbeitsplatz.
Beachten Sie: Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann zur Verfügung, wenn er außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z. B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist.
Ob ein solcher anderer Arbeitsplatz vorliegt, ist jeweils im Einzelfall nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Er steht jedenfalls dann zur Verfügung, wenn der Steuerpflichtige diesen Raum in dem konkret erforderlichen Umfang sowie in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.
Aber, übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist daher für jede Tätigkeit zu prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Beispiel:
Ein EDV-Berater übt außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus Bereitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber tatsächlich nicht nutzen. Hier liegt zwar nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, da jedoch für die Bereitschaftsdienste kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann der Steuerpflichtige die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 € abziehen.
Beachten Sie: In den Fällen, in denen der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer
entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen.
Beispiel:
Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2.500 € entstanden. Diese sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbständige Tätigkeit entfallen 40 % von 2.500 € = 1.000 €, die nicht abgezogen werden können. Auf die Nebentätigkeit entfallen 60 % von 2.500 € = 1.500 €, die bis zu 1.250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Nutzung durch mehrere Steuerpflichtige
Jeder Nutzende kann die Aufwendungen, die er getragen hat, entweder unbegrenzt, bis zum Höchstbetrag von 1.250 € oder gar nicht abziehen. Nutzen mehrere Personen, wie z. B. Ehegatten, ein Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Voraussetzungen des Abzugs der Aufwendungen daher für jede Person zu prüfen.
Beispiel:
A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 % (zeitlicher Nutzungsanteil). Die Gesamtaufwendungen betragen 4.000 € und werden entsprechend dem Nutzungsanteil getragen. Für A bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung; A kann 2.000 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, er kann daher 1.250 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.
Nicht ganzjährige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers
Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Wirtschafts- oder Kalenderjahres, können nur die auf den Zeitraum, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden. Für den übrigen Zeitraum kommt ein beschränkter Abzug nur in Betracht, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Beachten Sie: Der Höchstbetrag von 1.250
€ ist aber in diesen Fällen auch bei nicht ganzjähriger Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.
5 Keine neue Kleinbetragsgrenze für Bewirtungsbelege bei der Einkommensteuer?
Rückwirkende Anhebung der Kleinbetragsgrenze bei der Umsatzsteuer
Wie im Mandanten-Informationsbrief vom 01.07.2017 berichtet (vgl. dort Punkt 2) wurde die Grenze für Kleinbetragsrechnungen rückwirkend zum 01.01.2017 von 150 € auf 250 € angehoben. Somit ist nunmehr der Vorsteuerabzug auch aus sog. „Bewirtungsbelegen“ bis zu einem Betrag von 250 € (brutto) möglich, obwohl es sich hierbei mangels Angabe von Namen und Adresse des Leistungsempfängers um keine ordnungsgemäße Rechnung handelt.
Anforderungen an Bewirtungsbelege bei der Einkommensteuer
Einkommensteuerlich können Bewirtungskosten von Geschäftspartner nur zu 70 % abgezogen werden. Auch dieser beschränkte Abzug setzt jedoch voraus, dass die betriebliche Veranlassung nachgewiesen wird. Zu diesem Zweck muss die Rechnung grundsätzlich den Namen des bewirtenden
Steuerpflichtigen (= Leistungsempfänger) enthalten. Dies gilt jedoch wiederum ausweislich der für die Verwaltung bindenden Einkommensteuerrichtlinien nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 150 € nicht übersteigt.
Keine Anpassung der Einkommensteuerrichtlinien und Folgen hieraus
Während die Kleinbetragsregelung für die Umsatzsteuer rückwirkend auf 250 € erhöht wurde, blieben die Einkommensteuerrichtlinien insoweit unverändert. Vereinzelt wird nun seitens der Finanzverwaltung vertreten, dass auch nach dem 01.01.2017 Bewirtungskosten über 150 € bei der Einkommensteuer nur dann (i.H.v. 70 %) geltend gemacht werden können, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung, d.h. mit Angabe des Namens des Leistungsempfängers, vorliegt. Es ergäbe sich somit bei den Bewirtungsbelegen eine unterschiedliche Behandlung zwischen Umsatz- und Einkommensteuer.
Diese Auffassung dürfte sich jedoch nicht durchsetzen. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich die 150 € Grenze eindeutig auf die bisher geltende Kleinbetragsregelung bezog und bei einer zukünftigen Änderung der Einkommensteuerrichtlinien ebenfalls angehoben werden wird. Zum anderen hat sich der BFH in ständiger Rechtsprechung bezüglich der einkommensteuerlichen Anforderungen an Bewirtungsbelege ausdrücklich an der im jeweiligen Streitjahr geltenden umsatzsteuerlichen Kleinbetragsgrenze orientiert. Ein nominaler Euro-Betrag war für den BFH dagegen bisher nie maßgebend.
In betroffenen Fällen haben Einsprüche gute Erfolgsaussichten.
6 BFH-Urteil zu anschaffungsnahen Herstellungskosten
Anschaffungsnahe Herstellungskosten sind aktivierungspflichtig
Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an einem Gebäude können grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie anfallen, als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten steuerlich abgesetzt werden. Werden an einem Gebäude allerdings innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung umfangreiche Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, die in Summe 15 % der Anschaffungskosten übersteigen, so müssen die Aufwendungen als sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ aktiviert werden. Sie wirken sich dann nur im Wege der Abschreibung steuerlich aus.
BFH-Urteil zur Beseitigung von Schäden, die nach dem Erwerb eingetreten sind
Treten Schäden erst nach dem Anschaffungszeitpunkt ein und werden innerhalb der Drei-Jahres-Frist Instandhaltungsmaßnahmen zur Beseitigung dieser Schäden durchgeführt, ist strittig, ob anschaffungsnahe Herstellungskosten vorliegen. Hierzu hat der BFH jüngst wie folgt entschieden:
Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“.
In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin eine vermietete Eigentumswohnung erworben, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand. Im Folgejahr kam es im Rahmen des – nach § 566 BGB auf die Klägerin übergegangenen – Mietverhältnisses zu Leistungsstörungen, da
die Mieterin die Leistung fälliger Nebenkostenzahlungen verweigerte. Im Zuge der Rückgabe der Mietsache stellte die Klägerin umfangreiche, von der Mieterin jüngst verursachte Schäden wie z.B. eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen an der Eigentumswohnung fest. Zur Beseitigung dieser Schäden machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung Kosten in Höhe von rund 20.000 € als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Mangels Zahlungsfähigkeit der Mieterin konnte die Klägerin keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin durchsetzen.
Das Finanzamt ließ die Aufwendungen dagegen nur im Rahmen der Abschreibung als Werbungkosten zum Abzug zu.
Der BFH widersprach jedoch der Rechtsauffassung des Finanzamts. Er entschied, dass zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten zwar Aufwendung für
- die Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel oder
- die Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte
zählen.
Demgegenüber seien Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Solche Aufwendungen können als sog.
„Erhaltungsaufwand“ und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.
Hinweis:
Ähnlich entschied auch das FG Düsseldorf, in einem Fall, bei dem nach dem Erwerbszeitpunkt das Dach eines Gebäudes beschädigt wurde und innerhalb des Drei- Jahres-Zeitraums daher Instandhaltungsmaßnahmen notwendig wurden. Das Verfahren ist derzeit noch vor dem BFH anhängig.
7 Differenzbesteuerung beim „Ausschlachten“ von Gebrauchtfahrzeugen
In bestimmten Fällen kann bei der Umsatzsteuer die sog. Differenzbesteuerung angewendet werden. Dies setzt voraus, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist, d.h. gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach der Kleinunternehmerregelung nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde.
Wie funktioniert die Differenzbesteuerung?
Bei der Differenzbesteuerung wird der Umsatz nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Der Wiederverkäufer kann die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze nach dem Gesamtbetrag bemessen, um den die Summe der Verkaufspreise die Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums übersteigt (Gesamtdifferenz). Die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz ist gesetzlich nur bei solchen Gegenständen zulässig, deren Einkaufspreis 500 € nicht übersteigt.
BFH: Identität der Gegenstände nicht erforderlich!
Der BFH hat nun mit Urteil vom 23.02.2017 ausdrücklich bestätigt, dass die Differenzbesteuerung auch dann anwendbar ist, wenn ein Unternehmer dadurch gewonnene Gegenstände liefert, dass er zuvor von ihm erworbene Gebrauchtfahrzeuge zerlegt hat.
Im Urteilsfall kaufte der Steuerpflichtige häufig nicht mehr fahrtüchtige Gebrauchtfahrzeuge von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet an, zerlegte sie in ihre Einzelteile und verkaufte diese Einzelteile insbesondere über eine Auktionsplattform. In seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung erklärte er u.a. nicht steuerbare Umsätze in Höhe der Einkaufspreise für die Gebrauchtfahrzeuge, die er bei der Ermittlung von differenzbesteuerten Umsätzen abgezogen hatte. Das Finanzamt erkannte die vorgenommene Differenzbesteuerung nicht an, da es insoweit an der Identität der erworbenen und veräußerten Gegenstände fehle und unterwarf die Umsätze mit den Fahrzeugeinzelteilen dem USt-Regelsatz i.H.v. 19 %.
Dem ist der BFH nun entgegen getreten: Werden mehrere Gegenstände für einen Gesamteinkaufspreis erworben und anschließend einzeln verkauft, ist für Zwecke der Differenzbesteuerung der Gesamteinkaufspreis grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung auf die einzelnen Gegenstände aufzuteilen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob mehrere Gegenstände als Gesamtheit erworben werden oder – wie im Streitfall – ein Gegenstand erworben und dann in mehrere Gegenstände zerlegt wird.
Beachten Sie: Überschreitet der Kaufpreis für einen einzelnen Gegenstand nach der Aufteilung weiterhin 500 €, kann dieser Gegenstand nicht mehr der Besteuerung nach der Gesamtdifferenz unterworfen werden.
8 Bayern schert aus!
In der Vergangenheit hatten wir Sie über die Neuregelungen zum Erbschaftsteuerrecht ab dem Jahr 2017 informiert. Die obersten Finanzverwaltungsbehörden der Länder haben nunmehr ihre Sichtweise zu den Neuregelungen des Erbschaftsteuergesetzes veröffentlicht – allerdings mit ausdrücklicher Ausnahme des Freistaats Bayern!
Dieses ist ein Novum, denn in der Vergangenheit wurden derartige Erlasse immer im Einvernehmen mit den Landesbehörden aller Bundesländer erlassen.
Was den Streit entzündet hat ist nicht bekannt, aber es muss wohl „heftig geknirscht“ haben bei den entsprechenden Sitzungen der Vertreter der Finanzverwaltung. Nun hat sich das rheinland-pfälzische Finanzministerium dazu in einer Pressemitteilung geäußert. Die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen mahnt: „Die Erbschaftsteuer muss in Bayern wie in den übrigen 15 Ländern erhoben werden.“
Ahnen nahm Bezug zu der Sitzung der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder am 7.9.2017. Dort sei daran erinnert worden, dass die in den koordinierten Ländererlassen vertretene Rechtsauffassung nicht nur in der fachlichen Abstimmung auf der Ebene der Steuerabteilungen des Bundes und der Länder eine Mehrheit erhalten hat, sondern zuvor auch von der Finanzministerkonferenz selbst politisch bestätigt worden ist.
Die Finanzministerkonferenz forderte Bayern auf, der Rechtsauffassung der übrigen 15 Länder zu folgen und die Erhebung der Erbschaftsteuer – wie in den übrigen 15 Ländern auch – auf Basis der gemeinsam vereinbarten Grundsätze zu vollziehen.
Beachten Sie: Sollte Bayern dies nicht zeitnah umsetzen, bat die Finanzministerkonferenz das Bundes- ministerium der Finanzen (BMF), so rasch als möglich für die Vorlage einer Erbschaftsteuerrichtlinie von Seiten der Bundesregierung zu sorgen, die die Vorschriften der aktuellen Ländererlasse enthält.
Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten – zunächst bleibt es dabei, dass das neue Erbschaftsteuerrecht (wohl) von den Finanzbehörden in Bayern anders ausgelegt wird wie im übrigen Teil Deutschlands. Es dürfte aber wahrscheinlich sein, dass das BMF hier auf eine einheitliche Rechtsanwendung drängen wird. Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.
9 Automatischer internationaler Austausch von Informationen über Finanzkonten
Am 30.09.2017 hat der erste automatische Informationsaustausch über Finanzkonten zwischen Deutschland und anderen 49 Staaten stattgefunden. Dieser Informationsaustausch wird künftig jährlich erfolgen.
Die Anzahl der teilnehmenden Staaten steigt in Zukunft weiter an. Bereits zum 30.09.2018 wird Deutschland mit ca. weiteren 50 Staaten den Informationsaustausch durchführen.
An der ersten Runde des Informationsaustauschs haben bereits alle EU-Staaten (außer Österreich), Liechtenstein, die Cayman Islands und viele andere Staaten teilgenommen. Ab dem nächsten Jahr sind dann auch viele andere namhafte internationale Finanzplätze wie z.B. Hong Kong, Monaco, Singapur und die Schweiz mit von der Partie.
Ausgetauscht werden neben den persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum,…) der jeweiligen Kontoinhaber in den beteiligten Staaten u.a. auch Kontostand und die Summe der gutgeschriebenen Zinsen, Dividenden und anderen Erträge. Die teilnehmenden Staaten erhoffen sich auf diese Weise einen spürbaren Schlag gegen Steuerflucht bzw. Steuerhinterziehung.
10 IHK-Beiträge sind verfassungsgemäß!
Hintergrund
Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Die Mitglieder müssen Beiträge zahlen. Die Zugehörigkeit und damit die Beitragspflicht zu einer IHK ist aber nicht freiwillig, sondern richtet sich nach gesetzlichen Vorgaben. Beitragspflichtig sind demnach alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften, welche im jeweiligen IHK-Bezirk ein Gewerbe betreiben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) schützt allerdings Art. 2 Grundgesetz (GG) Bürger und Unternehmen als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit davor, nicht durch Pflichtmitgliedschaften in „unnötigen“ Körperschaften und der Inanspruchnahme hieraus. Fraglich war vor diesem Hintergrund, ob die Pflichtmitgliedschaft in der IHK verfassungskonform ist.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Mit Urteil vom 12.07.2017 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die an die Pflichtmitgliedschaft in der IHK gebundene Beitragspflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Zwar seien sowohl die Beitragserhebung als auch die Pflichtmitgliedschaft Eingriffe in die nach Art. 2 GG geschützte allgemeine
Handlungsfreiheit. Die Einbindung in die IHK im Wege der Pflichtmitgliedschaft sei jedoch gerechtfertigt.
Die Aufgaben der IHK entsprechen der für die wirtschaftliche Selbstverwaltung typischen Verbindung von Interessenvertretung, Förderung und Verwaltungsaufgaben. Diese wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach als legitimer Zweck für die Pflichtmitgliedschaft angesehen. Gerade die Pflichtmitgliedschaft sichere, dass alle regional Betroffenen ihre Interessen einbringen können und diese fachkundig vertreten werden. Dies ist auch mit Blick auf die weiteren Aufgaben der Industrie- und Handelskammern, Prüfungen abzunehmen und Bescheinigungen zu erteilen, gefragt.
Die Pflichtmitgliedschaft sei auch geeignet diesen Zweck zu erreichen und der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit in diesem Zusammenhang zur Zweckerreichung erforderlich. Die Zielsetzung des Gesetzgebers, das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft zu erfassen, sei notwendig mit einer möglichst vollständigen Erfassung der Gewerbetreibenden und ihrer Interessen verbunden.
Außerdem sei die Pflichtmitgliedschaft auch zumutbar. Die Belastung der Betriebe durch die nach dem Gewerbeertrag gestaffelte Beitragspflicht und die Pflichtmitgliedschaft in einer regionalen IHK wögen nicht sehr schwer. Bundesweit habe sich die Beitragspflicht in den letzten Jahren auch eher verringert als erhöht. Zudem verleihe die Pflichtmitgliedschaft den Kammerzugehörigen auch Rechte zur Beteiligung und Mitwirkung an den Kammeraufgaben und berechtige bereits deshalb zur Erhebung der Kammerumlage.
11 Weitere Informationen
Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen
und ersetzt keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.
Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen.
Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor- und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.